Unter dem Titel „Gespaltene Mitte – Feindselige Zustände“ erschien am 21.11.2016 die neue Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung zu rechtsextremen und menschenfeindlichen Einstellungen in Deutschland (FES-Mitte-Studie). 

Die Facetten Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit (GMF)1 werden seit 2002 vom Institut für Interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld untersucht. Im Zweijahresrhythmus erscheinen die von der Friedrich-Ebert-Stiftung in Auftrag gegebenen Mitte-Studien zu rechtsextremen Einstellungen. Die aktuelle Studie beschreibt auf Basis einer repräsentativen Erhebung für das Jahr 2016 das Bild einer gespaltenen Gesellschaft.

Ergebnisse

Mit dem Blick auf die Entwicklungen seit 2002 sind negative Meinungen über gesellschaftliche Gruppen – Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit (GMF) – stabil oder sogar rückläufig: Vorurteile gegenüber Menschen mit Behinderung sind fast nicht feststellbar (2 %). Die Abwertungen von Menschen mit homosexuellen Orientierungen sind weiter rückläufig (10 % derzeit). Auch ein offener (klassischer) Antisemitismus geht zurück (auf 6 % Zustimmung).

Auch sind Vorurteile gegenüber Neuhinzugezogenen (39 %), Immigranten (19 %), Sinti und Roma (25 %), Wohnungslosen (18 %) sowie der Rassismus (9 %) und Sexismus (9 %) rückläufig bis 2014 und seit dem relativ stabil.

Konfliktträchtig dagegen sind die weitverbreiteten muslimfeindlichen Einstellungen (19 %) und die Zustimmung zu Vorurteilen gegenüber asylsuchenden Menschen; sie stiegen von 2014 (44%) auf 50% in 2016. Stabil hoch sind Zustimmungen zu negativen Meinungen über langzeitarbeitslose Menschen; sie werden von fast der Hälfte aller Befragten geteilt (49%).

Personen mit unterem und mittlerem Einkommen und geringerer bis mittlerer Bildung sind dabei anfälliger für menschenfeindliche Meinungen. Besonders auffällig sind die menschenfeindlichen Meinungen unter Befragten, die mit den Ideen der AfD sympathisieren: Ihre Anhänger und Anhängerinnen stimmen mehrheitlich fremdenfeindlichen (68%), muslimfeindlichen (64%) und antiziganistischen Meinungen (59%) sowie Abwertungen von asylsuchenden (88%) und arbeitslosen Menschen (68%) zu.

Fokus Flucht und Geflüchtete

Die Stimmung in der Bevölkerung ist mit Blick auf die Geflüchteten deutlich positiver, als vielfach unterstellt, zugleich polarisieren sich die Meinungen deutlich. Die Mehrheit der Bevölkerung äußert sich im Sommer 2016 wohlwollend oder zumindest in der Tendenz positiv zur Aufnahme von Geflüchteten in Deutschland. Über die Hälfte der Befragten (56 %) findet die Aufnahme gut, weitere 24 % zumindest „teils-teils“ gut und ist optimistisch, dass es der Gesellschaft gelingt, die aktuelle Situation zu bewältigen (77% sind hier eher oder sehr hoffnungsvoll). Nur 20 % finden es explizit „eher nicht“ oder „überhaupt nicht“ gut, dass Deutschland viele Flüchtlinge aufgenommen hat.

Nur eine kleine Minderheit fühlt sich dabei persönlich durch Flüchtlinge in ihrer Lebensweise (6%) bzw. finanziell (7%) bedroht, allerdings befürchtet rund ein Viertel der Befragten ein Absinken des Lebensstandards in Deutschland. 35% der Befragten meinen „eher“ oder „voll und ganz“, der deutsche Staat kümmere sich mehr um Flüchtlinge als um hilfsbedürftige Deutsche.

Auch in Bezug auf die Forderung nach einer “Obergrenze für Flüchtlinge in Deutschland” ist die Meinung gespalten: 38 % der Befragten sprechen sich eindeutig dafür aus, 21 % sind strikt dagegen.

Die Macher der Studie fassen am Ende zusammen:

Die Bevölkerung wird in ihrer grundsätzlichen positiven Grundhaltung, ihrer Gelassenheit und ihrer Bereitschaft zum Engagement für Geflüchtete unterschätzt. Sie steht gegen eine kleine, harte Minderheit, die nicht nur Geflüchtete ablehnt, sondern auch eher andere soziale Gruppen abwertet und zu rechtsextremen Einstellungen neigt. Angst- und Bedrohungsrhetorik mit Blick auf Geflüchtete befördert dies. Das Thema Flüchtlinge steht exemplarisch für die Gespaltenheit der Gesellschaft in eine Mehrheit, die Weltoffenheit, Toleranz und Gleichwertigkeit will und jene nicht ganz kleine und laute Minderheit, die Abschottung, nationale Rückbesinnung und Ungleichwertigkeit fordert.

Webauftritt der Mitte Studie der FES

Webauftritt der Mitte Studie der FES


  1. Dabei handelt es sich um abwertende und feindselige Meinungen gegenüber gesellschaftlichen Gruppen