Die aktuelle Mitte-Studie „Verlorene Mitte – Feindselige Zustände“ zu rechtsextremen, rechtspopulistischen und menschenfeindlichen Einstellungen in Deutschland ist erschienen.

Schwerpunkte der Studie sind Rechtspopulismus, neue rechtsextreme Einstellungen und deren Überlappung sowie Verschwörungsmythen in der Mitte. Darüber hinaus wird im Jahr 30 nach der Wende auch ein Blick auf die Unterschiede in Ost und West gelegt.

Rechtsextreme Einstellungen bleiben stabil auf niedrigem Niveau

Eindeutig und offen rechtsextreme Einstellungen werden vom Großteil der Bevölkerung abgelehnt. Lediglich 2 bis 3 % der Befragten äußern sich klar rechtsextrem – im Osten nicht mehr als im Westen.

Grafik: https://www.fes.de/forum-berlin/gegen-rechtsextremismus/mitte-studie

Über die Hälfte der Befragten neigt zur Abwertung von Asylsuchenden

Jede zweite befragte Person neigt zur Abwertung von Asylsuchenden – dies sind mehr als noch in 2016, obgleich die Zahl der Asylsuchenden rückläufig ist. Weit verbreitet sind die Abwertung von Sinti und Roma (26 %), fremdenfeindliche Einstellungen (19 %) und muslimfeindliche Einstellungen (19 %). Und auch der klassische Antisemitismus mit seinen Verschwörungsmythen ist mit fast 6 % stabil verbreitet, modernen Formen des Antisemitismus, die sich auf Israel beziehen, stimmen erneut 24 % der Befragten zu.

Grafik: https://www.fes.de/forum-berlin/gegen-rechtsextremismus/mitte-studie

Rechtspopulistische Einstellungen verfestigen sich

Deutlich weiter verbreitet als rechtsextreme sind rechtspopulistische Einstellungen. Jede fünfte befragte Person (21 %) neigt ganz deutlich zu rechtspopulistischen Einstellungen, bei 42 % lässt sich eine Tendenz dazu feststellen. Über die Bevölkerung hinweg hat die Verbreitung von rechtspopulistischen Einstellungen seit 2014 anders als vielleicht erwartet nicht bzw. nur sehr leicht zugenommen. Rechtspopulistische Einstellungen haben sich stabil verfestigt und das heißt, sie sind in der Mitte normaler geworden.

Verschwörungstheorien finden teilweise hohen Zuspruch

46 % der Befragten meinen, es gäbe geheime Organisationen, die Einfluss auf politische Entscheidungen haben. Fast ein Viertel der Befragten meint, Medien und Politik steckten unter einer Decke, und jede zweite befragte Person gibt an, den eigenen Gefühlen mehr zu vertrauen als Expert_innen.

Jene, die solchen Verschwörungsmythen glauben, sind zugleich misstrauischer gegenüber dem politischen System und sie zeigen eine höhere Gewaltbereitschaft gegen andere und stärkere Abwertungen, zeigt die Studie.

30 Jahre nach der Wende: vereint und doch gespalten

Die Mitte-Studie 2018/19 zeigt: Ost- und Westdeutsche unterscheiden sich nicht in ihrer geringen Zustimmung zu offen rechtsextremen Einstellungen. Doch eine rechtspopulistische Orientierung ist im Osten weiter verbreitet als im Westen, anschlussfähiger. Das gilt vor allem für die Komponente der Abwertung von „Fremden“ – d.h. Fremdenfeindlichkeit (West 18 %, Ost 23 %), die Abwertung von Muslim*innen (West 19 %, Ost 26 %) und von Asylsuchenden (West 51 %, Ost 63 %) sind im Osten der Republik besonders weit verbreitet, auch autoritäre Einstellungen finden unter ostdeutschen Befragten mehr Zustimmung (West 61 %, Ost 67 %). Erkennbar wird auch: Der Osten fühlt sich politisch machtloser als der Westen, und das Vertrauen in die Demokratie ist geringer.

Zustimmung zur Demokratie, aber über ein Drittel fühlt sich von der Politik nicht vertreten

Rund 86 % halten es für unerlässlich, dass Deutschland demokratisch regiert wird und 93 % sind der Ansicht, die Würde und Gleichheit aller sollte an erster Stelle stehen. Allerdings zeigt gleichzeitig die Hälfte der Befragten beispielsweise Menschenfeindlichkeit gegenüber Asylsuchenden und bis zu einem Drittel illiberale Demokratievorstellungen. Ein Teil der Bevölkerung wird also den eigenen Werten nicht gerecht.

Grundlage der Studie ist eine quantitative Bevölkerungsbefragung, die im Herbst/Winter 2018/19 durch das Sozialwissenschaftliches Umfragezentrum (SUZ) durchgeführt wurde.

Die Mitte-Studie verbindet die Langzeitstudie Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit des Instituts für Interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld, die seit dem Jahr 2002 – also seit nunmehr 16 Jahren – Vorurteile, Diskriminierungen und Abwertungen von Gruppen untersucht, mit der Mitte-Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung, die seit dem Jahr 2002 vor allem rechtsextreme Einstellungen in der Mitte der Gesellschaft untersucht (bis 2012 mit der Universität Leipzig, seit 2014 mit der Universität Bielefeld).

Für kurze Zeit können Sie die komplette Studie als PDF herunterladen, unter https://www.fes.de/forum-berlin/gegen-rechtsextremismus/mitte-studie