Die Studie „Hassliebe: Muslimfeindlichkeit, Islamismus und die Spirale gesellschaftlicher Polarisierung“ untersucht das Wechselspiel zwischen antimuslimischen Rassismus auf der einen Seite und Islamismus auf der anderen Seite.

Islamismus und Rechtsextremismus sind zwei Seiten derselben Medaille, die sich wechselseitig begünstigen. Organisationen beider Formen des Extremismus verwenden die Gewalttaten der Gegenseite, um ihre gesellschaftlichen Opfer- und Feindbilder zu begründen, ihre Narrative zu bestärken und ihre Aktionen zu legitimieren.1

Julia Ebner, Extremismus- und Terrorismusforscherin, stellt in ihrem Online Artikel Radikalisierungsspirale: Das Wechselspiel zwischen Islamismus und Rechtsextremismus wesentliche Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Formen von Extremismus und Menschenfeindlichkeit dar.

So bereitet Rassismus gegen Musliminnen den Boden für die Radikalisierung durch islamistische Fundamentalisten. Auf der anderen Seite fördert die Eskalationsschraube des Terrorismus online und offline, national und international rechtspopulistische und rechtextreme Kräfte. Damit erreichen die Terroristen ihr vordergründiges Ziel, nämlich unsere Gesellschaft zu spalten und einen Bürgerkrieg zwischen Musliminnen und Nicht-Muslim*innen herbeizuführen:

Das kalkulierte Schüren von Angst und Feindseligkeit gegen Muslim_innen soll diese in die Ecke treiben und entfremden, sodass sie leichter in islamistische Netzwerke gelockt werden können.

Islamisten und Rechtsradikale zusammen denken

Beide Seiten, die Islamisten auf der einen und die Rechtsradikalen auf der anderen Seite, müssen zusammengedacht werden, um die Prozesse wechselseitiger Radikalisierung und gesellschaftlicher Polarisierung zu stoppen. Die Frage, inwiefern Diskriminierung und Anfeindung Radikalisierungsprozesse antreiben, spielt insbesondere für die wechselseitige Verstärkung der Begründungen des muslimfeindlichen Rechtsextremismus und des islamistischen Extremismus eine Rolle.

Die von islamistischen und rechtsextremen Organisationen geteilten apokalyptischen Visionen eines unmittelbar bevorstehenden Bürgerkriegs zwischen Kulturen oder Rassen verstärken diese Dynamik.2

Wechselseitige Radikalisierung

Den Wechselwirkungen zwischen unterschiedlichen Formen von Demokratie- und Menschenfeindlichkeit wurde lange Zeit in akademischen und politischen Kreisen wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Das in der Fachliteratur als „wechselseitige Radikalisierung“ bekannte Phänomen wurde daher bis dato nicht ausreichend erforscht und politisch oder zivilgesellschaftlich adressiert.

Die folgende Grafik auf Grundlage der Daten der Global Terrorism Database (GTD) zu Terroranschlägen in den USA, Australien, Großbritannien, Frankreich und Deutschland zwischen Januar 2012 und September 2016 weist auf eine starke Korrelation zwischen rechtsextrem und islamistisch motivierten Angriffen hin.3

Korrelation zwischen rechtsextrem und islamistisch motivierten Angriffen

Die Komplexität der Zusammenhänge zwischen unterschiedlichen Formen von Menschen- und Demokratiefeindlichkeit erfordert vor allem ein besseres Verständnis der Rolle, die populistische Politik, mediale Berichterstattung und die Normalisierung von Hassrede in Polarisierungs- und Radikalisierungsprozessen spielen, denn der Einfluss gesellschaftlicher Spaltung auf Radikalisierungsdynamiken zeigt, dass Extremismus- und Terrorismusprävention uns alle betrifft.4

Ein differenzierter Umgang mit dem Thema Terrorismus und eine umfassende Auseinandersetzung mit allen Arten der Demokratie- und Menschenfeindlichkeit in Erziehung, Politik und medialer Berichterstattung sind notwendig, um Polarisierungs- und Radikalisierungstendenzen in unserer Gesellschaft effektiv entgegenzutreten.5


Maik Fielitz, Julia Ebner, Jakob Guhl, Matthias Quent: Hassliebe: Muslimfeindlichkeit, Islamismus und die Spirale gesellschaftlicher Polarisierung, Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft (IDZ), Jena/London/Berlin 2018,

zum Download unter: https://www.vielfalt-mediathek.de/data/idz_islamismus_rechtsextremismus_vielfalt_mediathek.pdf

 

Forschungsbericht Islamismus & Muslimfeindlichkeit