Nicht nur Kultur und Begegnung muss neu gedacht werden, sondern auch die Pädagogik der Begegnung. Neue Kulturkonzepte wie die Trans- oder Hyperkulturalität haben entscheidende Auswirkungen auf unseren Blick auf menschliche Begegnungen und  unsere Herangehensweise an Befremdung. Pädagogische Konzepte der interkulturellen Bildung sind damit hinfällig geworden. Neue Ansätze versuchen aus Fehlern zu lernen und der Komplexität der Realität gerechter zu werden.

Neue Ziele

In seinem Buch “Wir sind wie Baumstämme im Schnee” macht Arata Takeda darauf aufmerksam, dass sich die Ansätze der interkulturellen Pädagogik an Konzepten der interkulturellen Kommunikation und Methoden des interkulturellen Lernens orientieren, die vornehmlich die Verbesserung der internationalen Wirtschaftskommunikation im Blick haben und sich daher wenig für eine Erziehung zum Zusammenleben in der Einwanderungsgesellschaft eignen.1

Er plädiert für eine Erziehung, die den zurzeit in Politik und Gesellschaft herrschenden Kulturalismus überwinden helfen soll und schlägt ein gründliches Umdenken in Richtung transkultureller Erziehung vor.

Bei der Pädagogik der Begegnung geht es für mich um folgende Ziele:

Monokulturvorstellung auflösen

Gegen die immer noch vorherrschenden Kultur-Stereotype (Kugelverfassung), Nationaldefinition, Wir-im Unterschied- zu-den-Anderen die tatsächliche Transkulturalität erfahrbar machen. Komplexität vermitteln gegen die Bequemlichkeit des Einfachen!

Neuen Kulturbegriff einführen

Kulturen als innerlich heterogen und prozesshaft, als Diskursfeld und Ressourcenpool aus denen die Individuen Sinnzusammenhänge schöpfen. Kulturen sind nicht trennscharf sondern miteinander verflochten.

Multikollektivität vermitteln

Jeder Mensch partizipiert aktiv an vielen Kulturangeboten, die sich gegenseitig durchdringen können. Aus den verschiedenen Kollektivkulturangeboten bildet das Individuum, jeweils im Zusammenspiel mit den eigenen persönlichen Erfahrungen und seinen biologischen Anlagen dynamische Identitäten aus. Das Verhalten, die Werte und Normen eines Menschen lassen sich nicht allein durch die Herkunftskultur erklären. Oft sind wir stärker durch unser Geschlecht, die soziale Schicht, das Arbeitsumfeld, oder etwa unser Alter geprägt. Darüber hinaus erlebt jeder Mensch täglich in seinem Kopf eine Aushandlung von verschiedenen Kulturen.

Sich selbst und andere besser verstehen lernen

Die Auseinandersetzung mit eigenen Mustern, Kulturen und Identitätsprozessen ist  der Schlüssel zum Verständnis von eigener Befremdung. Darüber hinaus lernen wir dabei auch viel über die Komplexität menschlicher Prägung im Allgemeinen. Die Selbstreflexion und das Verstehen von Anderen durch das Lernen an sich selbst sind wichtige Grundelemente beim Aufbau einer reflektierten Begegnungskompetenz.

Fit machen für menschliche Begegnungen aller Art

Begegnungskompetenz brauchen wir nicht nur im Ausland. Menschen mit verschiedenen Prägungen können wir überall treffen. Befremdung erlebe ich auch im eigenen Land, ja auch in der eigenen Familie. Wir brauchen Ansätze, die uns helfen mit unseren Befremdungen bewusst umzugehen und menschliche Begegnungen, ob international, zwischengeschlechtlich oder altersübergreifend kompetent zu meistern.

Gegen gruppenbezogene Menschfeindlichkeit für Vielfalt und Toleranz

Im Gegensatz zu vielen Ansätzen der interkulturellen Kompetenzbildung, geht es bei der “Pädagogik der Begegnung”  nicht nur um die Optimierung der persönlichen Performance sondern auch um das soziale Miteinander. Eine Pädagogik der Begegnung muss Mechanismen der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit von Rassismus und Diskriminierung bewusst machen und  an deren Abbau mitarbeiten.

Auf den Unterseiten werden weitere pädagogische Ansätze der Pädagogik der Begegnung vorgestellt:

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  1. Takeda, Arata (2012): Wir sind wie Baumstämme im Schnee. Ein Plädoyer für transkulturelle Erziehung, Göttingen

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