Bei genderbedingten Stereotypen werden Menschen, ihr Charakter und ihre Vorlieben, mit ihrem Geschlecht und den damit geteilten Vorstellungen und Zuschreibungen verbunden.

Gender – eine soziale Konstruktion

Der Begriff Gender bezeichnet das durch Gesellschaft und Kultur geprägte soziale Geschlecht einer Person neben ihrem biologischem Geschlecht (engl.sex). Gender als das soziale Geschlecht ist ein historisch-gesellschaftlich gewordenes und damit variabel und veränderbar.

Um auch im Deutschen eine sprachliche Unterscheidung zwischen biologischem (sex) und sozialem (gender) Geschlecht treffen zu können, wurde der Begriff Gender aus dem Englischen übernommen, da das deutsche Wort Geschlecht in beiden Bedeutungen verwendet wird.

Es gibt viel mehr Gender-Identitäten als nur Mann und Frau. Das heteronormative Stereotyp in Hinblick auf Gender fängt damit an, dass andere Formen von Genderzugehörigkeit oft gar nicht erwähnt oder beachtet werden. Stereotyp ist also nicht nur das, was man sieht, sondern auch das, was weggelassen oder verschwiegen wird.

Stereotype Mann und Frau
Stereotype Mann und Frau

Äußerliche Attribute

Das wir oft nur mit einfachsten Piktogrammen wissen, welche Toilettentür wir betreten sollen, liegt an kulturell konstruierten Vorstellen über die Äußerlichkeiten von Männern und Frauen. Diese Vorstellungen führen zu stereotypen Vereinfachungen und Verallgemeinerungen, die einen hohen Wiedererkennungswert haben.

Pictogramme transportieren Gender Stereotype
Pictogramme transportieren Gender Stereotype

So werden Frauen oft mit einem Rock oder Kleid, Männer dagegen mit Hose dargestellt.  Darüber hinaus stehen lange Haare für Frauen und kurze Haare für Männer. Auch Körperstatur, Beinhaltung, Assessors oder Farben können uns in aller Einfachheit eine klare Zuschreibung vermitteln ud uns sagen, welche Tür für “Männer” oder “Frauen” gedacht ist. Ein drittes Geschlecht steht oft nicht zur Auswahl.

Männer- und Frauenbild im Nationalsozialismus
Männer- und Frauenbild im Nationalsozialismus

Lange Haare

Dass lange Haare besonders für Weiblichkeit stehen, ist nicht immer so gewesen. In anderen Jahrhunderten galten Männer mit langen Haaren als besonders männlich. Auch Knaben hatten, etwa im 18. Jahrhundert oftmals lange Haare. Das ist nur ein Beispiel von vielen, das zeigen soll, dass Zuschreibungen von Geschlechts-Stereotypen immer , temporäre Konstruktionen sind und wandelhafte Vorstellungen und Erwartungen beinhalten.

Röcke und Hosen

So ist das auch mit dem Stereotyp, dass Männer Hosen, Frauen Röcke/Kleider tragen. Wer schon einmal in Myanmar war, der wird wissen, dass das Tragen von Wickelröcken (Longyis) dort unter Männern als “normal” gilt. Aber auch in Europa, trugen Jungen wie Mädchen jahrhundertelang bodenlange Kleider, so Ruth Bleckwenn in ihrer Doktorarbeit zu ”Gesellschaftlichen Funktionen bürgerlicher Kinderkleidung in Deutschland zwischen 1770 und 1900.”

Das Kinderbild ”Master Hare“ von Joshua Reynolds aus dem 18.Jh. dokumentiert, wie diese Bekleidung aussah. Ohne den Bildtitel würde man heute das dargestellte Kind für ein Mädchen halten.

Knaben Kleidung im 18. Jahrhundert in der englischen Oberschicht
Knaben Kleidung im 18. Jahrhundert in der englischen Oberschicht

Auch Bertold Brecht ist, wie Rilke und viele seiner Zeitgenossen, als kleiner Junge noch im Kleidchen angekleidet worden.

Bertholt Brecht 1899
Bertholt Brecht 1899

Männerbilder

Männerbilder sind mit einer klaren Anforderung an Kraft, Stärke und der Bereitschaft zu (Wett-)Kampf und Abenteuer verbunden. Muskeln, Kurzhaarschnitte, Metall, Waffen, Sport, Alkohol, Autos und überhaupt eine Affinität zu Technik werden immer und immer wieder mit Männlichkeit in Zusammenhang gebracht …

Bei genderbedingten Stereotypen werden Menschen, ihr Charakter und ihre Vorlieben mit ihrem Geschlecht und den damit geteilten Vorstellungen und Zuschreibungen verbunden.

Im Video zur Inszenierung von Männlichkeit schlüpft die Sängerin Taylor Swift in die Rolle „des Mannes“

Muskeln als Zeichen von Überlegenheit

Männerbilder

Als Idealtypisch “maskulin” gilt ein großer, kräftiger muskulöser Körper, ein hoher Wuchs, starke Gesichts- und Körperbehaarung, eine entspannte, raumgreifende und asymmetrische Körperhaltung, ein “fester”, breiter Stand und eine relativ sparsame Mimik. Letztlich geht es um die Darstellung  von Unabhängigkeit als Grundvoraussetzung für Überlegenheit und Bedingung für eine Top-Position.

Männer Stereotype
Männer Stereotype und Idealbilder in der Werbung
Männer Stereotype und Idealbilder in der Werbung

Machtsymbole

Im Zentrum des Männlichkeitscodes stehen klare und eindeutige Machtsymbole. Primitive Zeichen, wie körperliche Überlegenheit (z.B. Körpergröße, Muskeln) werden durch soziale Aspekte von Überlegenheit ergänzt (dickes Auto, fette Uhr, Waffen …).

Männer machen sich breit

Die Selbstverständlichkeit, mit der die Männer von dem Raum um sie Besitz ergreifen, ist physischer Ausdruck ihrer psychischen und ökonomischen Dominanz. Maskuline Körpersprache bedeutet daher: geöffnete Beine, breiter Stand oder Sitz, Hände in die Hüften gestemmt, Gesten der Kraft, Stabilität und der Bereitschaft, den eingenommenen Raum auch zu verteidigen. Bei Frauen gelten gespreizte Beine dagegen als unweiblich, aufreizend oder obszön …

Männer und die Körpersprache der Macht
Männer und die Körpersprache der Macht

Kampf und Konkurrenz

Männer werden immer auch mit Kampf und Wettkampf in Verbindung gebracht. Von klein auf lernen Jungs sich an starken Helden zu orientieren, es wird ihnen (im Gegensatz zu Mädchen) zugestanden sich zu schlagen und Kriegs- und Actionfilme gelten als normal.

Männer Rollenverständnis

Die schon etwas ältere Dokumentation „Tough Guise“ zeigt eindrücklich auf, wie stark Männlichkeit in Werbung und Medien immer auch mit Gewalt in Verbindung gebracht wird. Kleine Jungen lernen früh ihre Gefühle zu unterdrücken und den (Konkurrenz-)Kampf als männliche Strategie zur Gewinnung von Anerkennung zu empfinden.

Alkohol

Glaubt man der Werbung und verbreiteten Stereotypen, scheint Alkoholgenuss die Männlichkeit zu unterstreichen, die Fähigkeit eines hohen Alkoholkonsums ein Ausdruck von Männlichkeit zu sein …

Männer Stereotyp

Frauenbilder

Der moderne Weiblichkeitscode drückt Femininität  idealtypisch durch verschiedene Zeichenkomplexe aus, z.B. durch einen möglichst dünnen, schwachen, kraftlosen, zierlichen Leib und schmale, räumlich anspruchslose, labile Haltungen.

Frauenbilder

Räumlich anspruchslose, labile Haltungen

Das folgende Bild wurde von einem Modelabel als Revolution verkauft, da hier “ganz normale” Frauen zu Modells wurden. Auch wenn die Normierung der Körperformen also nicht ganz dem sonst in der Werbung gewohnten Bildern entspricht, entspricht die Haltung und Körpersprache der Frauen (räumlich anspruchsloser, fragiler Stand) ganz deutlich dem femininen Stereotyp. Die Absatzschuhe tragen dazu bei. Schließlich ist es die Idee von Absatzschuhen, Frauen fragiler und schutzbedürftiger erscheinen zu lassen.

Zierlichkeit und Fragilität in der Körpersprache
Zierlichkeit und Fragilität in der Körpersprache
fragiler Stand der Frau auch schon bei Albrecht Dürer ...
Fragiler Stand der Frau auch schon bei Adam und Eva von Albrecht Dürer

Die für Frauen besonders typische enge Arm- und Beinhaltung lässt sich übrigens auch bei männlichen Menschen beobachten: dann aber bei ganz jungen, also Kindern, ganz alten oder aber bei offensichtlich Unterprivilegierten.

Sie machen sich schmal, verkleinernd, verniedlichend, verharmlosend, demütig, sich anbietend, in sich zurückgezogen, sich versteckend. Das heißt: sozial schwache männliche Menschen haben ähnliche Körperhaltungen wie die stereotype Haltung des weiblichen Menschen. Sie signalisiert grundsätzlich Schwäche und Unterlegenheit.

Frauen haben durch Stereotype gelernt sich kaum Platz zu nehmen, gehen nicht in der Mitte, sondern am Rand, klemmen Arme und Beine eng an ihren Körper … Männer nehmen Raum ein, Frauen machen sich klein.

Kindchen-Schema

Dazu kommt oft eine Imitation des Kindchen-Schemas, welches appellative Signale der Unreife aussendet und Schutzreflexe auslösen möchte (überdimensional großer Kopf, glatte unbehaarte Haut, große Augen, winzige Nase und weiche, fleischige Lippen). Frauen simulieren dieses Schema durch toupieren der Frisuren, durch Schminke, entfernen der Körperbehaarung, durch ein die Augen vergrößerndes Make-Up, und durch stereotyp mimische Signale, z.B. den kindisch trotzigen Schmollmund.

Kindchen-Shema als weiblicher Stereotyp
Kindchen-Shema als weiblicher Stereotyp

Wespen-Taille

Ein weiteres Merkmal des weiblichen Stereotyps ist die Wespen-Taille. Sie ist biologisch unmöglich und stellt eine Überspitzung eines Schönheitsideals dar. In der folgenden Darstellung sieht man eine Zusammenstellung der weiblichen Disney-Charaktere. Die Wespen-Taille und das Kindchen-Schema ziehen sich durch alle Figuren, die von den kleinen Mädchen oft als Vorbilder wahrgenommen werden …

Weibliche Disney-Charaktere
Weibliche Disney-Charaktere

Shoppen & Schön sein …

Wie die folgende Word-Cloud aufzeigt, werden Frauen stereotyp oft mit Gefühlen, harmonisch-friedvollen Dingen, Schönheit, Körperpflege, Freundschaft  und Spaß haben assoziiert.

Frauen Stereotype

Genau diese Stereotype greift Lego in seiner Mädchen-Serie “friends” auf …

https://kulturshaker.de/wp-content/uploads/2015/12/spielzeugwerbung-fr-mdchen.jpg

Sie finden sich aber auch im Alltag des Gendermarketing …

„Wie ein Mädchen …“

Videos einer Werbekampagne der Hygienemarke Always, nahmen den als Beleidigung genutzten Ausdruck „Wie ein Mädchen …“ zum Ausgangspunkt einer kritischen Auseinandersetzung mit der weiblichen Geschlechterrolle und zugeschriebenen Geschlechts-Stereotypen.

Haushalt und Sexobjekt

Frauenbilder in Filmen,  Werbung, Öffentlichkeit, sind oft noch mit der Führung des Haushalts verbunden (oder warum werden Haushaltsgeräte oft in Pink angeboten?) oder die Frau versorgt das Kind oder erscheint als Belohnung für den Mann, erotisch aufreizend und verführerisch …

Frauenbilder in der Werbung
Frauenbilder in der Werbung
Gender Stereotype im Dürerhaus in Nürnberg. Wer wechselt die Windeln?
Gender Stereotype im Dürerhaus in Nürnberg. Wer wechselt die Windeln?
Putzfrau ... Putzfee ... ob alt oder jung, immer weiblich ...
Putzfrau … Putzfee … ob alt oder jung, immer weiblich …

Stereotype Farbcodes

Der Brauch, Mädchen rosa und Jungen hellblau zu kleiden, ist weder uralt, noch ist Rosa eine Mädchenfarbe und Hellblau eine Jungenfarbe. Eigentlich war es früher genau umgekehrt, und erst vor etwa 80 Jahren kam es zu einem gänzlich entgegengesetzten Verständnis von Farbe und Geschlecht.

Blau war früher vor allem die Marienfarbe. Auf den meisten alten Marienbildern wie etwa denen von Albrecht Dürer trägt Maria einen blauen Schleier oder ein blaues Kleid. ”Noch zu Königin Viktorias Zeit wäre kein Betrachter auf die Idee gekommen, ein rosa gekleidetes Baby für ein Mädchen zu halten“, schreibt die Psychologin Eva Heller in ihrem Buch ”Wie Farben auf Gefühl und Verstand wirken“. Sie erklärt, dass Blau im Wesentlichen eine weibliche Farbe war, während Rot jahrhundertelang als männliche Farbe galt.

Der folgende Bildausschnitt eines Portraits von Johan Zoffany zeigt die englischen Königskinder George, “Prince of Wales” und Frederick, den späteren “Duke of York” im Jahre 1765. Der “Prince of Wales” trägt ein tiefrosa Kleid mit blauer Binde, während Frederick ein blaues Kleid trägt mit einer rosafarbenen Binde. Ganz klar, werden diese Farben nicht mit dem Geschlecht der Kinder in Verbindung gebracht. Beide Kinder tragen Rosa und Blau.

Englische Königskinder George und Frederick 1765

Männlichkeit wurde lange eher mit der Farbe Rot verbunden. So war Rot einst eine der vorherrschenden Militär- und Uniformfarbe. Das amerikanische Ladies’ Home Journal begründete die Zuordnung 1918 damit, Pink sei nun mal die »kräftigere und damit für Jungen geeignete Farbe«. Der Siegeszug des weiblichen Rosa begann erst nach dem Zweiten Weltkrieg. Erst später kam ins Bewusstsein, dass Matrosen ja Blau trugen, ebenso wie die Arbeiter. Blau erschien zunehmend als eine männliche Farbe und hellblau (das kleine Blau) war entsprechend die Farbe für kleine Jungen. Doch diese Entwicklung ist kaum vor 1920 auszumachen.

Hellblau und Rosa

Heute werden (Hell-)Blau und Rosa als Codes für Männlich und Weiblich, für Jungen und Mädchen eingesetzt. Diese Codes werden mittlerweile in nahezu allen Ländern der Welt geteilt. So kreierte die südkoreanische Fotografin JeongMee Yoon eine Fotoreihe  ‚The Pink and Blue Project‚ als ihre fünfjährige Tochter alles nur noch in pink haben wollte. Ihre Fotos zeigen, welches Ausmaß die Farbcodierungen in Asien und Amerika annehmen können.

Das rosa-blaue Projekt ...
Das rosa-blaue Projekt …

Statistiken belegen, dass die Umsatzzahlen durch Gender-Marketing deutlich steigen. Jungs wollen nicht mit Sachen für Mädchen spielen, und Mädchen nicht mit Sachen für Jungs. Das führt dazu, dass man alles doppelt kauft, wenn in der Familie Kinder beide Geschlechter da sind. Früher gab es Gummistiefel für alle, heute kann oder will ein Mädchen kaum noch blaue Schuhe tragen.

Durch das sehr erfolgreiche Gender-Marketing werden mittlerweile die Farbcodes von Mädchen und Jungen auch auf Erwachsene übertragen.

Farbcodes Rosa und Blau in der Werbung für Erwachsene

Gender-Marketing

Werbung und Marketing nutzen die Geschlechterkonstruktionen “Mann” und “Frau”. Das ist nicht neu, nimmt aber immer bizarrere Formen an. Waren zunächst bestimmte Produkte (Zigarren, Handtaschen etc.) mit klaren Genderzuweisungen verbunden, werden nun immer neue Warensegmente genderisiert. Plötzlich gibt es selbst Lebensmittel in rosa-blauen Zuordnungen.  

Hauptziel des Gender-Marketing ist es, Gender-Stereotype zu reproduzieren und zu festigen. Die so geschaffenen Zielgruppen stereotypen Zielgruppen können dann spezifisch angesprochen und bedient werden. Das folgende Video zeigt, wie das so funktioniert …

Gender-Marketing bei Lebensmitteln

„Elfentrank“ für Mädchen, „Monster-Alarm“-Getränke für Jungs. Die Geschlechtertrennung ist auch bei den Lebensmitteln angekommen. Man beachte nicht nur die farbliche Codierung, sondern auch die Inhalte der Darstellung.

Heute stellen wir euch ein weiteres unserer kleinen Capri-Sonne Monster vor: Der blaue Kraftprotz kann sich groß und klein machen. Und alles stemmen was er finden. Superstark also – trotzdem hat er noch keinen Namen!

Werbetext auf youtube

Lass dich verzaubern! Von dem neuen Trinkspaß für alle Prinzessinnen. Elfentrank ist der perfekte Begleiter auf fantastischen Reisen durch Märchenwälder und Elfenwelten. Der fruchtige Mix aus Apfel, Banane und Erdbeere lässt Mädchenträume wahr werden.

Werbetext auf youtube

Der „Elfentrank“ war der erste Versuch von Capri Sonne in Sachen Gender-Marketing und er war offenbar so erfolgreich, dass sie das weitertreiben wollen. Die Rollenbilder die hinter dem Gender-Marketing stecken werden oft nicht gesehen. Wie bei Lillifee vermischen sich in der “Elfentrankwerbung”  gleich zwei “Mädchen”-Träume miteinander, der von der Prinzessin, der man alle Wünsche erfüllt und der von der Zauberfee. Beide können sich alle Wünsche erfüllen und leben in einer Traumwelt ohne Konflikte und Gewalt. Hinter der Jungenwerbung von Capri-Sonne steckt dagegen die Idee, dass Jungen sich körperlich mit anderen messen wollen und Konflikte nicht scheuen, daher kommt hier ein Kraftmonster zum Einsatz.

Gender-Marketing über Lebensmittel zieht sich mittlerweile auch  in den Erwachsenenmarkt. Chio verkauft Chips für den „Mädelsabend“ und den „Männerabend“.

Knapperspaß mit Rollenklischees
Knapperspaß mit Rollenklischees

Das Problem dabei ist, dass Eigenschaften und Vorlieben mittransportiert werden, die über die Sache hinausgehen. Für Frauen und Mädchen sind die Lebensmittel eher „mild“ oder „cremig“, was Schwäche konnotiert, für Männer „scharf“ oder „feurig“. Und wenn Lebensmittel für Frauen als kalorienreduziert vermarktet werden, verweist das auf ein bestimmtes weibliches Körperideal.

Sascha Verlan, Autor des Buches “Die Rosa-Hellblau-Falle: Für eine Kindheit ohne Rollenklischees”.

Stereotype Rollenbilder Männer und Frauen

Die Schubladen in unseren Köpfen sind mit unterschiedlichen Merkmalen gefüllt, wenn wir an Männer und Frauen denken. Jedem Geschlecht sind bestimmte Rollen in Alltag, Gesellschaft und Familie zugeschrieben. Diese Rollenbilder sind in Bewegung, die Schubladen werden immer mal wieder ausgeräumt und neu bestückt … dennoch ist es auffällig, dass bestimmte Rollenvorstellungen (etwa die der männlichen Dominanz) sich auch in scheinbar modernen Bilderwelten wiederfinden und Sexismus immer noch ein weitgehend akzeptierter Teil der alltäglichen Bilderwelt ist.

Romantikerin trifft Sexmaschine

Die Rollenzuschreibungen, etwa im Grafikbüchlein von Yang Liu “Man meets Women” bleiben archaisch. Männer interessieren sich danach vor allem für Sex, Bier und Fußball, Frauen dagegen sind romantisch, sinnlich und vor allem auch sozial.

Stereotype Männer und Frauen im Buch

Die “Traumvorstellungen” in Bezug auf einen Partner/ bzw. eine Partnerin in dem (sicher nicht ganz ernst gemeinten) Büchlein regen zum Schmunzeln an. Wir lächeln, weil wir Rollenbilder und Vorstellungen aus unserem Alltag darin gespiegelt sehen.

Männer sind demnach vor allem Triebgesteuert und an Äußerlichkeiten interessiert, während Frauen eher nach einem Partner suchen, den sie bewundern können, der über Muskeln, Geld oder Status verfügt und in dem Sinne im Konkurrenzkampf des Lebens seiner Altersstufe erfolgreich ist …

Stereotype Frau und Mann

Klassische Haushaltsrolle

Wie im folgenden Werbebild, ist unser Bilder-Alltag voll mit (versteckten) Hinweisen darauf, dass in einer Partnerschaft immer noch der Frau der Führung des Haushalts und die Erziehung der Kinder zugesprochen werden.

stereotype Rollenverteilung im Outdoor-Katalog

Das folgende Bild zeigt einen cultural-hack, der auf Rollenstereotype auf amtlichen Verkehrsschildern aufmerksam macht. Daneben eine Umdeutung der bekannten Silouette …

Die Körpersprache der Gender-Rollen

Machtausübung gilt im genderstereotypen Denken auch heute noch als  maskulin. Anders herum wird eine selbstbewusste, direkte oder gar lustvolle Machtausübung  sogar als unfeminin wahrgenommen.

Als der “Weiblichkeit” angemessen, erscheint dagegen das breite emotionale Zeichenspektrum mit positiven Vorzeichen und jene Zeichen, die generelle Unterlegenheit symbolisieren: z.B. eine emphatische Mimik, die Empfindsamkeit, Offenheit, und Mitgefühl signalisiert, oder ein stereotypes Dauerlächeln und ein schiefgelegter Kopf als Ausdruck zuvorkommender Höflichkeit, Harmlosigkeit oder Unterwerfung, der typische “Bewunderungsblick” von schräg unten und eine Palette klar hierarchischer bzw. unterwürfiger Bindungszeichen (sich anschmiegen, anklammern, festkrallen, unterhaken, oder wie ein Kind an der Hand führen lassen).

Die folgenden Bilder zeigen, dass Genderrollen von Mann und Frau auch eine einseitige Verteilung von Macht und Dominanz zu Gunsten des Mannes bedeuten.

Besitzanzeigende Bindung in Rollenbildern der Werbung
Besitzanzeigende Bindung in Rollenbildern der Werbung
Aufblickende Bewunderung als Gender Stereotyp
Aufblickende Bewunderung als Gender Stereotyp
Aufblickende Bewunderung auf Filmplakaten
Aufblickende Bewunderung auf Filmplakaten
Aufblickende Bewunderung auf Romancovern
Aufblickende Bewunderung auf Romancovern
Aufblickende Bewunderung im Film
Aufblickende Bewunderung im Film

Subjekt und Objekt

Die folgenden Bilder zeigen eine weitere Asymmetrien zwischen männlichen und weiblichen Stereotypen bei der gemeinsamen Darstellung.

Der Mann wird dabei stets als überlegen, dominant und aktiv handelnd inszeniert, während die Frau als unterlegen, defensiv und eher als (Lust-)Objekt erscheint. Während die Männer auf fast allen Bildern bekleidet sind, werden die Frauen halbnackt und in aufreizenden Posen dargestellt. Die Übergänge zwischen anerkannter, erwünschter erotischer Selbstinszenierung und dem mit sozialer Verachtung verbundenen Code der sexuellen Käuflichkeit sind dabei fließend und vage.

Rollenverteilung im Film
Rollenverteilung im James-Bond-Film
eine nackte Frau als Gewinn ...
Eine nackte Frau als Gewinn ?
Sexismus in der Werbung von Axe
Sexismus in der Werbung von Axe
Gender Stereotype in der Werbung
Gender Stereotype in der Werbung
Sexistische Stereotype in der Werbung
Sexistische Stereotype in der Werbung
Gender Rollenklischees in der Werbung
Gender Rollenklischees in der Werbung

Auf dem folgenden Werbeplakat sind die Männer diesmal halbnackt. Hier spielen die Muskeln eine Rolle, denn auch diese Inszenierung soll männliche Dominanz und Stärke ausstrahlen und zeigt eine unterlegene Frau, die überwältigt, ja nahezu vergewaltigt wird …

Männer und Frauen Stereotype

Rollenvergleich im Gender-Marketing

Im Folgenden, zum Rollenvergleich, die Werbung einmal für Frauen und einmal für Männer für ein vergleichbares Produkt, einen Rasierer für Körperbehaarung:

Welche Rollenbilder werden hier vermittelt? Wer soll schön aussehen und fragil wirken? Wer soll stark sein, fit und kompetitiv wirken? Zeichnen die Werbe-Clips eine Atmosphäre des Wohlfühlens und der Sinnlichkeit, oder eher des Wettkampfes? Im Gillette-Clip wird z.B. eindeutig davon ausgegangen, dass “Männer” technische Perfektion lieben … auch hier sind Sport und Wettkampf beliebte Zuschreibungen … und am Ende gewinnt “Mann” eine “Frau” die sich an ihn hängt.

Rollenwechsel

Übrigens ein einfacher Test für alle, die abstreiten, dass die Werbefilme für Rasierer mit Gender-Rollenzuschreibungen arbeiten: Schauen sie die Filme noch einmal und stellen sie sich vor, dass die Protagonisten einfach das gegenteilige Geschlecht hätten.

Die Fotografin Malia Moss hat in einem Fotoshooting  einmal aktiv die (Gender-)Rollen getauscht, um unbewusste Rollenstereotype (und ihre Lächerlichkeit) aufzuzeigen  … mehr Bilder hier

Auch das folgende Video macht sich durch einen Rollenwechsel über Gender Stereotype lustig  …

Der folgende französische Kurzfilm dreht die Genderrollen von Mann und Frau bei den Protagonisten um. Dieser Film ist allerdings in der Kritik selbst wieder rassistische und islamfeindliche Stereotype zu reproduzieren …

Fotoserie “eine glückliche Ehe”

In dieser Fotoserie ist die Künstlerin Daniela Comani zweimal zu sehen, einmal als Mann und einmal als Frau, zusammen als glückliches Ehepaar. Die Kleidungsstücke und die Accessoires, die sie in den Fotoaufnahmen trägt, sind Teile aus Ihrer täglichen Garderobe sortiert nach der klischeehaften Trennung männlich/weiblich. Als Mann trägt sie einen Dreitagebart, als Frau ist sie leicht geschminkt. Auch Gestik und Mimik sind wichtig für die Inszenierung der beiden Rollen, die auf die traditionelle Rollenzuschreibung zwischen Mann und Frau anspielen.

Experiment mit Genderrollenpositionen
Die Bilder stammen von der Webseite der Künstlerin

Stereotype Rollenbilder grenzen aus

Der Ansatz der Transdifferenz macht deutlich, dass mit der Formulierung und ständigen Wiederholung von Differenzen und “Eindeutigkeiten” die existierende Bandbreite der Realität in “normal” und “unnormal” eingeteilt wird. Mann und Frau, ja gut, aber dazwischen?

Kinderbücher, Werbung, Filme, Schulbücher usw. ignorieren weitere Gender-Identitäten. Es gilt im Zusammenhang mit binären Rollenbilderwelten zu problematisieren, dass Menschen, die nicht der jeweiligen gesellschaftlichen Gender-Ordnung entsprechen wollen oder können, stigmatisiert werden. Die normierende Wirkung von eindeutigen Gender-Kategorien kann zum Beispiel mit der Frage aufgezeigt werden: Was passiert, wenn wir einem Mensch begegnen, d* wir nicht eindeutig einem Geschlecht zuordnen können? Verunsichert uns eine solche Situation vielleicht? Was wiederum sagt uns das für die Gender-Ordnung in unserer Gesellschaft und in unseren Köpfen?

Neurales Genderzeichen an den Toiletten des 21C Museum Hotels in Durham in Nord Carolina

Rollenstereotype in Spielzeug und Werbung

Das Spielzeug von Jungen ist von der Werbeindustrie eher dem Bereich des (technischen) Experimentierens und Ausprobierens zugeordnet, das der Mädchen dem Versorgen (Krankenhaus, Pferdestall) sowie der Kreativität und Schönheit (malen, basteln, gestalten). Nach etwa drei Lebensjahren sind diese geschlechtsspezifischen Festlegungen durch die Kinder so weit übernommen, dass Jungen sich keinen Puppenwagen mehr wünschen bzw. es kaum wagen würden, einen solchen Wunsch zu äußern.

Wer sich wundert, warum die oben gezeigten Gender-Stereotype sich so hartnäckig in der Gesellschaft halten, sollte sich den Blogbeitrag zu Sexismus & Spielzeugwerbung anschauen. Hier wird gezeigt, wie Werbung, Spielzeug und Videospiele Gender-Klischees reproduzieren und in den Köpfen unserer Kinder verankern … Mehr zu Gendermarketing auch unter Gendermarketing auf der Spur.

Gender Stereoype Kinder in der Werbung für Schultaschen

Aktiv gegen Gender-Marketing

Die Webseite Pinkstinks.de setzt sich in Deutschland gegen Gender-Marketing und Sexismus in der Werbung ein. Hier findet man/frau/… aktuelle Informationen, Bilder, Filme rund um das Thema.

Die Kampagnen von  Pinkstinks.de richten sich an Eltern, Lehrende und Menschen, denen es stinkt, dass Kindern durch die Wirtschaft starre Geschlechterrollen vorgegeben werden. Ausgehend vom Gleichstellungsgebot im Grundgesetz, sollen durch die politische Arbeit der Aktivist_innen mehr Möglichkeiten für junge Menschen geschaffen werden, sich selbst zu entfalten.

Wer sich gegen Gender-Marketing und die Pinkisierung unseres Alltags einsetzen möchte, findet bei Pinkstinks Inspirationen und Ansprechpartner:innen.