Die einzigartige Kombination meiner Gruppenzugehörigkeiten macht meine Identität aus. Ich fühle mich als Teil dieser Gruppen, als identisch, ich identifiziere mich mit ihnen. Einige Zugehörigkeiten trage ich gern öffentlich zur Schau: ich erzähle davon, ich zeige sie auf social media, ich trage ihre Symbole und Erkennungszeichen. Andere Zugehörigkeiten möchte ich nicht öffentlich zeigen, ich behalte sie für mich, behüte oder verstecke sie. Vielleicht habe ich schlechte Erfahrungen gemacht, habe ich Vorurteile, Abwertungen oder Diskriminierung aufgrund einer Gruppenzugehörigkeit erlebt.

Die Übung ermöglicht eine kreative Auseinandersetzung mit der eigenen Identität. Neben der Reflexion der persönlichen Bezugsgruppen geht es dabei aber auch um den eigenen Umgang mit den vielfältigen Gemeinschaften. Welche Zugehörigkeiten mache ich gern öffentlich, welche behalte ich eher für mich?

Bild einer Papiertasche, auf der verschiedene Identitätsaspekte aufgeklebt sind: Fußball, Kreuz, Hund, Deutschlandfahne etc.
Methode Identitätstasche
Ziele  – Reflexion der persönlichen Bezugsgruppen und Auseinandersetzung mit der eigenen Identität
– Austausch über Zugehörigkeiten und den Umgang damit
– Austausch über Bewertungen von Zugehörigkeiten und Zuschreibungen
– Besseres Kennenlernen in der Gruppe
Gruppengröße 10 bis 20 Personen
Dauer  60-120 Minuten
VorbereitungenRaum mit Stuhlkreis und genügend Platz (ggf. andere Räume) für kreative Einzelarbeiten
MaterialUnbedruckte Papiertragetaschen (25cmx30cmx14cm) oder A4-Briefumschläge, farbige Stifte, Wasser- oder Wachsmalfarben
SettingFür die Übung braucht es bereits ein gewisses Maß von Vertrauen in der Gruppe. Die Übung sollte genügend Zeit und Raum im Gesamtprogramm bekommen. Eine gemeinsame Pause nach dem Ende der Übung ist angeraten, um weiterführende Gespräche zu ermöglichen.
BeschreibungIm ersten Schritt sammelt die Gruppe gemeinsam möglichst viele Kollektive und Gemeinschaften, die es grundsätzlich in unserem Leben gibt (z.B. Familien, Ortsgemeinschaften, Regionen, Nationen, Generationen, soziale Schichten, politische Weltanschauungen, Lifestyle, Vereine, Sportarten, Hobbies, Musikgeschmäcker, Berufsgruppen, Gendergruppen, etc.). Am besten schreibt ihr diese groß auf ein Flipchart oder eine Tafel.  

Dann beginnt der erste Teil der Einzelarbeit, bei der alle aufgefordert sind, auf einer weißen Papiertragetasche (oder einem A4-Briefumschlag) schriftlich und zeichnerisch darzustellen, welche Gruppen momentan wichtige Teile ihrer Identität sind (z.B. die Handballgruppe, die Teenager, die Mädchen, die Hip-Hop-Szene, die Veganer, die Raucher, die Pflegefamilie, die Schulklasse, die Freundesclique etc.).   Dabei sollen alle Gruppen, auf die ich stolz bin und die ich gern nach außen trage auf der Außenseite dargestellt werden. Alle Gruppen, die ich lieber für mich behalte, die ich gern verschweige, die mir eher peinlich sind oder die ich aus Selbstschutz nicht zeigen möchte, kann ich (auch symbolisch verschlüsselt) auf der Innenseite der Papiertragetasche/des Umschlags darstellen.  

Bei der Einzelarbeit (ca. 30-40 Minuten) soll möglichst nicht gesprochen werden, so dass alle für sich nachdenken und arbeiten können. Je nach Zeit und Lust, können dabei farbige Identitäts-Kunstwerke oder einfache schematische Darstellungen entstehen.  

In Dreiergruppen stellen sich die Teilnehmenden die entstandenen Taschen / Umschläge und ihre Erfahrungen bei der Erstellung vor. Dabei wird vorher deutlich angesagt, dass niemand etwas teilen muss, was er/sie nicht möchte. Die konkreten Inhalte der Innenseiten werden nur thematisiert oder gezeigt, wenn die Person das von sich aus möchte.  
AuswertungNach der Kleingruppenarbeit werden Teilnehmende im Stuhlkreis gebeten, jeweils einen Aspekt ihrer Identität (Außenseite) vorzustellen. Die anderen Teilnehmenden werden gebeten, bei den Aspekten kurz aufzustehen, die auch für sie relevant sind.  

Im Gespräch können folgende Fragen in die Runde gestellt werden:

– Wie war die Übung für euch? Viel es euch leicht oder schwer?
– Wie hast du entschieden, was auf die Innen- / Außenseiten kommt und was nicht?
– Welche Gruppen / Zugehörigkeiten habe ich selbst gewählt, welche nicht?
– Definiere ich mich – oder tun dies andere? (Selbstwahrnehmung / Zuschreibungen)
– Wie gehe ich mit meinen öffentlichen Zugehörigkeiten (Außenseite) und meinen stillen, gehüteten Zugehörigkeiten (Innenseite) um?
– Unter welchen Umständen bin ich bereit, meine gehüteten Zugehörigkeiten ins Gespräch zu bringen?
HinweisBei der Anmoderation der Übung ist es wichtig zu betonen, dass Identität immer ein Prozess ist und dass sich Bezugsgruppen und ihre Wichtigkeit sich daher auch verändern können.  Die Teilnehmenden können auf ihren Darstellungen auch mit verschiedenen Größen darstellen, wie wichtig ihnen gerade jetzt und heute eine bestimmte Bezugsgruppe/Gemeinschaft ist.  So tritt die Familie vielleicht gerade in den Hintergrund, weil die Clique gerade wichtiger ist.
Auf einer Papiertasche ist ein Identitätsmolekül gemalt
Beispiel einer Identitätstasche