Die fiktionale Autobiografie erzählt eine Lebensgeschichte, die ihren Anfang in Kurdistan in den Siebzigern nimmt: Jhian Kochar ist ein aufgewecktes Kind, er lebt zwischen zwei Welten. Die eine ist das bedrückende Vaterhaus. Die andere Welt ist die Straße mit ihren Straßenkindern, sie ist seligmachend.

Der endlose Irakkrieg zwingt ihn als jungen Mann über mühselige Wege nach Europa. Einerseits befreit ihn die Fremde aus seiner moralischen Abhängigkeit, andererseits wird der kulturelle Unterschied zwischen ursprünglicher und neuer Heimat mit zunehmendem Alter stets spürbarer. Er wird trotz aller Bemühungen mit seiner inneren Zerrissenheit nicht fertig.

Literarische Verhandlung einer Flucht

Als ehemaliger Flüchtling versucht der Autor wesentliche und oft vernachlässigte Facetten der Migrationsproblematik literarisch zu verhandeln. Mit der Aufarbeitung dieses Motivs spürt er in seinem Werk nicht nur die gesellschaftspolitischen und psychologischen Aspekte von Rassismus, Krieg, altväterlicher Moral und kapitalistischen Lebensformen auf, sondern bietet auch Lösungsvorschläge für ein friedvolles Miteinander unterschiedlicher Kulturen an.

Der Autor setzt sich mit dem Buch aber ebenso mit zeitlosen existenziellen Fragen auseinander, die jeden Einzelnen von uns und die Gesellschaft im Allgemeinen beschäftigen.

Dilan Canbaz: Versuch einer Zähmung, Morawa 2018